Lehmbruck Museum in Duisburg präsentiert die „Blackbox“

Ein Spiel mit Wahrnehmung und Deutung
Von Petra Grünendahl

In der "Sprechblasenwand" von Dejan Saaric spiegeln sich die Betrachter. Kommen sie auch ins Gespräch? Foto: Petra Grünendahl.

In der „Sprechblasenwand“ von Dejan Saaric spiegeln sich die Betrachter. Kommen sie auch ins Gespräch? Foto: Petra Grünendahl.

Marmor poliert: Der "Heliotroph" von Venske & Spänle benötigt, um Vollständigkeit zu erlangen, einen „Wirt“: Er will auf den Schoß genommen werden. Foto: Petra Grünendahl.

Marmor poliert: Der „Heliotroph“ von Venske & Spänle benötigt, um Vollständigkeit zu erlangen, einen „Wirt“: Er will auf den Schoß genommen werden. Foto: Petra Grünendahl.

Im Vordergrund die "Quadratur des Kreises" von Troika, hinten an der Wand "Moderne Zeiten" (2013) von Dejan Saric. Foto: Petra Grünendahl.

Im Vordergrund die „Quadratur des Kreises“ von Troika, hinten an der Wand „Moderne Zeiten“ (2013) von Dejan Saric. Foto: Petra Grünendahl.

Der Ausstellungsraum im Souterrain des Lehmbruck Museums ist dunkel. Der Besucher kann sich ganz auf die Betrachtung, die Wahrnehmung der ausgestellten Kunstwerke und auf seine eigenen Gedanken konzentrieren. Nicht nur der Titel der Ausstellung „Blackbox“ spielt mit dem Modell der „Black Box“, des schwarzen Kastens, dessen Inhalt rätselhaft und vor der Außenwelt verborgen ist. Die Sinneswahrnehmung ist ebenso wichtig wie die persönliche Deutung des Werks: Der Betrachter bringt sein „ich“ mit ein in die Kunst. „Ohne die Entwicklungen der 1960-er Jahre – unter dem Credo ‚der Betrachter vervollständigt das Kunstwerk’ – wäre diese Ausstellung nicht denkbar“, so Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla. Der Betrachter und seine Wahrnehmung, seine Deutung der Kunst stehen im Mittelpunkt.

Die Kunstvermittlerinnen, die die neue Sonderausstellung „Blackbox“ im Lehmbruck Museum kuratiert haben, legten ihren Focus mehr auf Wahrnehmung und Deutung, auf das sinnliche Erfahren denn auf kunsthistorische Bedeutung, die bei Kunsthistorikern im Vordergrund steht. Söke Dinkla stellte zusammen mit Kulturdezernent Thomas Krützberg, den Kunstvermittlerinnen Claudia Thümler und Sybille Kastner sowie den Künstlern Jörg Wagner, Sonja Alhäuser und Dejan Saric die Ausstellung „Blackbox“ in einem Pressegespräch vor. „Wir wollen die Eindrücke der Besucher sammeln“, erklärte Claudia Thümler, die schon gespannt ist, was da an Deutungen auf sie und ihre Kolleginnen von der Kunstvermittlung zukommt. Schließlich bringt jeder Betrachter seine eigene Geschichte, seine Erfahrungen, sein Leben in die Deutung mit ein. Eröffnet wird die Ausstellung von 20 Künstlern am Donnerstag, 3. September 2015, um 19 Uhr.

"Sie hören in mich rein", erklärte Künstler Jörg Wagner über seine Skulptur, in deren Innern der Besucher seinen (Wagners) Atem hört. Foto: Petra Grünendahl.

„Sie hören in mich rein“, erklärte Künstler Jörg Wagner über seine Skulptur, in deren Innern der Besucher seinen (Wagners) Atem hört. Foto: Petra Grünendahl.

"Wir könnten aber" (1992): Welche Geschichte erzählen die Axte von Ralf Thiesen? Foto: Petra Grünendahl.

„Wir könnten aber“ (1992): Welche Geschichte erzählen die Axte von Ralf Thiesen? Foto: Petra Grünendahl.

Ein Kunstwerk braucht immer den Besucher, der dieses eingeschlossene Wissen in eine subjektive, sinnliche Erfahrung überführt: Den Klang einer Farbe, die Dynamik einer Bewegung, die Beschaffenheit einer Oberfläche. Sie zeigen sich nur, wenn es jemanden gibt, der dem Kunstwerk seine Aufmerksamkeit schenkt. Die präsentierten Arbeiten in der „Blackbox“ verstehen die Kunstvermittlerinnen als Angebote, Vorschläge, aber auch als Statements und Fragen. Sie rufen sinnliche Erlebnisse wach und laden ein, sie zu deuten, zu diskutieren und zu handeln. Die Besucher können dabei eine aktive Haltung gegenüber den Exponaten einnehmen, um sich ihre eigene Realität zu schaffen. Werke von Künstlern wie Jörg Wagner, Sonja Alhäuser, Ralf Thiesen, Troika, Dejan Saric oder Venske & Spänle werfen Fragen auf und fordern die Kreativität des Betrachters heraus: Sehen, riechen, hören, schmecken, tasten. Was ein Kunstwerk auslöst und was der Betrachter interpretiert, hängt von den subjektiven Gefühlen, Erfahrungen, den individuellen Wahrnehmungsmustern und den Strategien ab, diese zu deuten. So eröffnet sich ein großer Spielraum. In der Kunst ist diese Vielfalt angelegt und die Ausstellung „Blackbox“ bietet ein reiches Reservoir, das die Kraft der Imagination aktiviert. So legt sie die Deutungshoheit in die Hände der Besucher.

Öffnungszeiten und Eintrittspreise

Einerseits ist das braune Schokoladenbad überaus anziehend, andererseits ist es dekadent. Das Wort Dekadenz steht für Überfluss, ausufernde Lebensweise, Foto: Petra Grünendahl. Völlerei und das Vergessen der Vernunft.

Einerseits ist das braune Schokoladenbad überaus anziehend, andererseits ist es dekadent. Das Wort Dekadenz steht für Überfluss, ausufernde Lebensweise, Foto: Petra Grünendahl.
Völlerei und das Vergessen der Vernunft.

Die Ausstellung „Blackbox“ läuft bis zum 3. April 2016. Das Lehmbruck Museum bietet im Rahmenprogramm zur Ausstellung mehrere unterschiedliche Führungen in der „Blackbox“ an: Ein Wahrnehmungsatelier“ sonntags von 12.30 bis 16 Uhr, „Blind Dates“ mit Führungen für Jung und Alt, Magische Führungen „Lass dich (nicht) täuschen“ oder die Zaubershow „Fantastikbar“ (im Rahmen der plastikBAR am 3. Dezember um 19 Uhr) mit Eva Henning, Ferien-Workshops für Kinder von 6 bis 12 Jahren (Herbst- und Osterferien), „Input Output“-Wahrnehmungs-Workshops mit der litauischen Schauspielerin Karolina Zernyté sowie Führungen für besondere Zielgruppen wie Menschen mit Demenz oder mit Sehbeeinträchtigungen. Diese Führungen sind zum Teil kostenfrei, zum Teil kosten sie 2 Euro zusätzlich zum Eintritt. Für weitere Informationen und Buchungen steht die Kunstvermittlung unter Telefon 0203 / 283-2195 oder eMail kunstvermittlung@lehmbruckmuseum.de zur Verfügung.
Mittwochs bis samstags ist das Lehmbruck Museum ab 12 Uhr geöffnet, sonntags ab 11 Uhr. Die Öffnungszeiten gehen bis 18 Uhr, donnerstags wegen der plastikBAR bis 21 Uhr. An Feiertagen gelten ggf. besondere Öffnungszeiten. Regulär kostet der Eintritt 8 Euro, ermäßigt 5 Euro. Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre in Begleitung von Angehörigen sowie Schulklassen und Kindergärten pro Person 2 Euro (gilt nur für Selbstführergruppen), eine Familienkarte gibt es für 15 Euro.

Jorge Iglesias' Figure de murales (2009): Der von den Surrealisten beeinflusste Künstler beschäftigte sich viel mit den physikalischen Eigenschaften von Licht und optischen Phänomenen. Durch bestimmte Techniken gelingt es ihm, eine perfekte Täuschung des menschlichen Auges zu erzeugen. Foto: Petra Grünendahl.

Jorge Iglesias‘ Figure de murales (2009): Der von den Surrealisten beeinflusste Künstler beschäftigte sich viel mit den physikalischen Eigenschaften von Licht und optischen Phänomenen. Durch bestimmte Techniken gelingt es ihm, eine perfekte Täuschung
des menschlichen Auges zu erzeugen. Foto: Petra Grünendahl.

Weitere Informationen gibt es unter tickets@lehmbruckmuseum.de, Telefon 0203 / 283-2195 oder www.lehmbruckmuseum.de.

(*) Ermäßigung erhalten gebuchte Gruppen, Selbstführer ab 20 Personen, Menschen mit Behinderung (ab 70%), Schüler & Studenten, Wehr- & Zivildienstleistende sowie Menschen mit Sozialhilfebezug.

© 2015 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

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